Wie schon so oft, wird nicht nur in Europa, oder besser der EU, ein Thema diskutiert, welches scheinbar zukunftsweisend für die Weltpolitik extrem wichtig scheint. In den Gremien der EU zeichnet sich ab, dass nur diese eine mögliche Lösung des Dauerstreites sei. Da es jedoch bis heute nicht gelungen ist, die sogenannten „Palästinenser“ dahin gehend zu überzeugen, mit den Juden auf dem Gebiet Palästina durch gegenseitige Anerkennung und in Frieden zu leben und somit einen israelischen Staat zu akzeptieren, wird wohl auch eine derartige Utopie nie umgesetzt werden können. Die Autorin Anastasia Iosseliani zeigt am Beispiel von Pakistan auf, warum auch im „Nahen Osten“. (GK)
Einmal ist eine „Zweistaatenlösung“ bereits grandios gescheitert:
Die Katastrophe Pakistan
Der indische Subkontinent wurde 1947 in einen moslemischen und einen hinduistischen Staat geteilt: Das islamische Pakistan ist heute ein Ort der Hoffnungslosigkeit, des staatlichen Versagens und des Fanatismus.
Von Anastasia Iosseliani
1948 gab es einen Teilungsplan und eine Zweistaatenlösung, aus der ein Land entstand, das heute eine Atommacht ist, und in dem religiöse und ethnische Minderheiten benachteiligt und entrechtet werden. In diesem Land kann man wegen (vermeintlicher) Blasphemie von staatlicher Stelle ermordet oder von einem Mob gelyncht werden, was besonders die erwähnten ethnischen und religiösen Minderheiten hart trifft. Dieses Land, von dem ich schreibe, wurde gegründet mit dem Ziel, Schutzmacht einer abrahamitischen Religion zu sein, und ist damit kläglich gescheitert. Bei diesem Staat handelt es sich um die erste Islamische Republik der Welt: Pakistan. Der Name des Landes bedeutet auf Deutsch «Land der Reinen». Denn heute werden in Pakistan nicht nur Christen, Hindus und andere Nicht-Muslime systematisch diskriminiert, sondern auch Schiiten und Ahmadiyya – also Muslime, die sich nicht dem sunnitischen Islam zugehörig fühlen.
Wenn über Pakistan in den Medien berichtet wird, dann geht es meist um Terrorismus, Fanatismus und Elend. Schlicht und ergreifend deshalb, weil in Pakistan sich eine Tragödie an die nächste reiht. Denn nicht nur Minderheiten werden in Pakistan unterdrückt, sondern – wie in fast allen islamischen Ländern üblich – auch Frauen. Das zeigen unter anderem Dokumentarfilme wie «Saving Face», in dem es um Säureattacken auf Frauen geht und «A Girl in the River: The Price of Forgiveness» der mutigen Regisseurin und Frauenrechtsaktivistin Sharmeen Obaid-Chinoy, der von einer jungen Frau handelt, die einen versuchten Ehrenmord ihrer Familie überlebt hat und nun, aufgrund der frauenfeindlichen Gesellschaft in Pakistan, ihrer Familie «vergeben» muss, damit ihr Vater aus dem Gefängnis kommt. Diese Filme zeigen, warum das sogenannte «Land der Reinen» zu den fünf schlimmsten Ländern der Welt gehört, in die man als Frau hineingeboren werden kann.
Pakistan entwickelt sich zunehmend zurück und verelendet. Unter dem religiösen Fanatismus, der auf dem Gebiet der Atommacht herrscht, leiden die religiösen Minderheiten, darunter die Christin Asia Noreen, die auch als Asia Bibi bekannt geworden ist. Asia Bibi, die früher Erntehelferin war und Analphabetin ist, wurde von ihren muslimischen Arbeitskolleginnen verleumdet und der Blasphemie bezichtigt. Dafür verbrachte Asia Bibi fast zehn Jahre in Einzelhaft, immer in der Angst, hingerichtet zu werden. Nachdem das Oberste Gericht Pakistans Asia Bibi freigesprochen hatte, zog der islam-fanatische Mob durch die Straßen und forderte, dass Asia Bibi und die Richter ermordet werden.
Ein Gouverneur, der sich einst für die Freilassung von Asia Bibi eingesetzt hatte, wurde schon ermordet. Salman Taseer, der Gouverneur der Provinz Punjab, wurde von Mumtaz Hussein Qadri, seinem eigenen Leibwächter, ermordet. Für viele fanatisierte Pakistaner ist der inzwischen gehängte Mörder Qadri ein Held, fast 40.000 Menschen nahmen an seiner Beerdigung teil.
Aber es ist nicht nur die Unterschicht, die in Pakistan empfänglich für Fanatismus und Islam-Faschismus ist. Wie der britisch-pakistanische Journalist und Autor Ahmed Rashid schrieb, pflegt der pakistanische Geheimdienst «Inter Service Intelligence» gute Beziehungen zu den afghanischen Taliban. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Der Geheim- und Nachrichtendienst einer Atommacht pflegt gute Beziehungen zu Fanatikern, die dafür bekannt wurden, Menschen zu steinigen! Im Grunde heißt das, dass in Pakistan auch das Militär und der Geheimdienst von Fanatikern gekapert wurden, und somit das «Land der Reinen» nun auf dem besten oder schlechtesten Wege ist, ein «failed state», ein gescheiterter Staat zu werden.
Pakistan ist ein Alptraum, ein Gemenge von korrupten Militärs und Politikern plus islamischen Fundamentalisten, die in Teilen des Landes die Staatsgewalt bereits entmachtet haben, und ein Schurkenstaat sondergleichen, der beweist, dass sogenannte «Zweistaatenlösungen» nicht das Nonplusultra sind, um Konflikte zu befrieden.
Aber aufgrund eines «Rassismus der niedrigen Erwartungen» gegenüber dem islamischen, nicht-westlichen «Land der Reinen» können sich die Machthaber in Islamabad sicher sein, dass nie jemand von Rang und Namen dazu auffordern wird, Pakistan als Staat und seine Bürger, Künstler und Wissenschaftler zu boykottieren. Auch gibt es keine effektive «Pakistankritik», und es kommt auch niemand auf die Idee, das Existenzrecht Pakistans infrage zu stellen. Aktivisten in Pakistan, die sich für Menschen- und Frauenrechte einsetzen, werden kaum unterstützt. Somit kann das Elend in Pakistan weiter gedeihen wie Unkraut.
Währenddessen wird beim arabisch-israelischen Konflikt weiterhin eine «Zweistaatenlösung» propagiert, als ob dies der einzige gangbare Lösungsansatz wäre, und das trotz der Tatsache, dass die «Zweistaatenlösung» bei der Teilung des indischen Subkontinents 1948 nicht zur nachhaltigen Befriedung beigetragen hat.
Aber das kümmert vermeintlich «Progressive» im Westen nicht, die lieber ihr Mütchen am Juden unter den Staaten, Israel, kühlen und sich aufgrund eines tiefsitzenden antisemitischen Ressentiments an den vermeintlichen Fehlern Israels abarbeiteten, statt sich mit dem Elend in Pakistan zu befassen. Somit helfen diese vermeintlich Progressiven den Fanatikern und Antisemiten dabei, an der Macht zu bleiben und diese auszubauen.
Wenn die Situation als solche nicht so tragisch wäre, könnte man darüber lachen. Aber aufgrund der Tatsache, dass Pakistan immer mehr in einer giftigen Mischung aus verschiedenen fortschrittsfeindlichen Ideologien versinkt, besteht nunmehr eine echte Gefahr, dass Terroristen wie die Taliban in naher Zukunft Zugang zu einer Atombombe haben. Ethnische und religiöse Minderheiten nehmen gefährliche Fluchtrouten auf sich, um aus dem «Land der Reinen» zu entkommen, und die Nachbarländer können oder wollen aufgrund von Rassismus gegenüber ihren regionalen Nachbarn auch keine sichere Zuflucht bieten. Dies führt dazu, dass Pakistan am Ende andere Staaten mit seinen Problemen belastet, und das, weil es 1948 unbedingt eine «Zweistaatenlösung» geben musste.