Anders Gerdmar, Universität Uppsala:
Ein germanischer Jesus auf schwedischem Boden: schwedisch-deutsche Forschungszusammenarbeit mit rassistischen Vorzeichen 1941–1945
Es ist seit langem bekannt, dass schwedische und andere nordische Theologen während der Zeit des Dritten Reichs Sympathien für den Nationalsozialismus hegten und zur deutschen Theologie rege Verbindungen pflegten. Nicht zuletzt belegen dies häufige Reisen zu verschiedenen Veranstaltungen. Ein Beispiel dafür sind Hugo Odeberg, Professor für Neues Testament in Lund und sein finnländischer Kollege Rafael Gyllenberg in Åbo, die unter anderem an Tagungen der Lutherakademie Sondershausen teilnahmen und in diesem Rahmen deutlich für das deutsche Regime Stellung bezogen. Auf ähnliche Weise äußerte sich Odeberg beispielsweise in Artikeln in der Zeitung Sverige-Tyskland. Er leitete auch mehrere Reisen zu Veranstaltungen, deren wissenschaftliche Zentralfigurder Jenaer Professor für Neues Testament, Walter Grundmann war.
Seit der Zeit der Reformation hatte Deutschland für die lutherische Theologie die Schweden beherrschte, als eine Art Mutterland gedient. Deutsche theologische Literatur füllte die Lektürelisten der schwedischen theologischen Fakultäten. Zudem verbrachten viele bedeutende Theologen sowohl Studien- als auch Forschungsabschnitte in Deutschland. Nun aber hatte Deutschland politisch einen neuen Kurs eingeschlagen und diese ideologische Wende erreichte auch die Theologie. Die Frage, in welchem Umfang nationalsozialistisch geprägte deutsche Theologen ihre schwedischen Kollegen und damit auch Schweden beeinflussen konnten, ist schwierig zu beantworten. Die Teilnahme an Veranstaltungen, die beispielsweise von der Lutherakademie organisiert wurden, besagt nicht zwangsläufig, dass man hinter dem Nationalsozialismus oder dessen rassistischer Ideologie stand. Wie auch in Deutschland, lassen sich die ideologischen Sympathien nur auf einem politischen Kontinuum zwischen Distanzierung und Nähe zum Nationalsozialismus beschreiben. Erschwerend kommt hinzu, dass sich nicht alle nationalsozialistischen Theologen auf dieselbe Art und Weise positionierten, sei es gegenüber einer germanisch geprägten Theologie, sei es gegenüber Juden und dem Judentum, von unterschiedlichen Gruppen innerhalb der Bekennenden Kirche bis zu verschiedenen Fraktionen unter den Deutschen Christen. Ebenso verhielt es sich mit den Skandinaviern, die Kontakte zu deutschen Kollegen aufrechterhielten. Um zu erfahren, wie die Theologie von den deutschen Kontakten beeinflusst wurde, muss man folglich den Inhalt der Texte von Wissenschaftlern mit Bezug zur theologischen Forschung des Dritten Reichs untersuchen.
Schwedische und nordische Forscher waren auch an Grundmanns Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das kirchliche Leben in Eisenach (im Weiteren Institut genannt) beteiligt, einer Einrichtung, die man schwerlich unterstützen konnte, teilte man nicht ihre grundlegende Ideologie. Wie der Name des Instituts, so haben auch die Überschriften seiner Publikationen, etwa Germanentum und Christentum rassenideologischen Inhalt. Daher können über die Betätigung des Instituts keine Zweifel geherrscht haben. Die Untersuchung schwedischer Konferenzbeiträge des Instituts und der besonderen Sektion für die nordisch-deutsche Zusammenarbeit, die hier vorgestellt wird, deuten auf offensichtliche Einwirkung pro-germanischer und/oder antijüdischer Rassenideologie hin. Außerdem zeigt der in Schweden veröffentlichte Artikel von 1941, der im Folgenden diskutiert werden wird, wie man in einem renommierten schwedischen theologischen Rahmen mit unmittelbarem Bezug auf die Ergebnisse der Forschung des Instituts einen ‚germanischen Jesus‘ präsentieren konnte. Die ideologisch geprägte Forschung, die am Institut betrieben wurde, beeinflusste die schwedische Theologie direkt. Des Weiteren gibt es Anlass zu der Vermutung, dass das gegenseitige Interesse an einer Zusammenarbeit zwischen Deutschen und Nordländern nicht allein wissenschaftlich, sondern durch den Gedanken einer blutsmäßigen Einheit zwischen den Völkern motiviert war, die sich etwa in dem Begriff Germanentum zeigt. Politisch kann die Zusammenarbeit vielleicht im Zusammenhang mit deutschen Bemühungen während der Kriegszeit skandinavische kirchliche Kontakte an Deutschland zu binden, gesehen werden. Vielleicht lag es an solchen Anstrengungen von deutscher Seite, dass sich die schwedisch-deutsche Zusammenarbeit während der Kriegsjahre intensivierte – genannt seien unter anderem Wolf Meyer-Erlachs Vorlesungsreihe (siehe unten) und die Aktivitäten auf die Murtorinne aufmerksam machte.
Germanisches und Nordisches in der deutschen Ideologie
Das Eisenacher Institut nannte die Vereinigung, die vorwiegend nordische Wissenschaftler einlud, Arbeitsgemeinschaft: „Germanentum und Christentum“. Die Namenswahl war kein Zufall; während der späten 30-er Jahre hatte der Ausdruck Germanentum nicht nur in populistischen Kreisen Verbreitung gefunden. (Unter anderem gebrauchte der antisemitische Populist Wilhelm Marr den Begriff in den späten 1870er Jahren in Der Sieg des Judenthums über das Germanenthum; in schwedischer Übersetzung bereits 1881 erschienen.) In seiner 1908 veröffentlichten Untersuchung altnordischerTextesuchte der Germanistikprofessor Andreas Heusler nach einem Ausdruck, um „den kulturellen Genius, den er in den altnordischen Sagen erkannte zu beschreiben“. Dafür wählte er den Begriff Germanentum. Nach Heusler beschreibt der Ausdruck die Heldenmentalität, welche die germanische Vergangenheit bezeugt. Schon bei ihm wird die Verbindung zwischen Nordischem und Germanischem deutlich. Heuslers Einführung des Ausdrucks auf wissenschaftlichem Terrain hatte eine explosionsartige Verbreitung desselben innerhalb verschiedener Forschungszweige zur Folge. Auch sein Buch Germanentum (1934), welches in mehreren Auflagen herausgegeben wurde, trug dazu bei, den Begriff und die damit verbundene Forschungsrichtungim Herzen der Wissenschaftslandschaft des Dritten Reichs zu etablieren. Die Forschung zum Germanentum gestaltete sich facettenreich und erfasste Fachgebiete wie Literatur, Sprache und Archäologie. Absurdere Formen nahm die Erforschung an, wo das SS-Sonderkommando die Plünderung archäologischer Museen in den besetzten Gebieten organisierte. Himmlers und Wirths SS-Einheit Ahnenerbe war dazu bestimmt den pan-germanischen Gedanken zu fördern. Grundsätzlich strebte alles nach einem Ziel: die deutsche Identität während des Dritten Reichs in einem nordisch-germanischen Vergangenen zu verankern.
Der Mythos von der Reinheit des germanischen Volkes findet sich schon in Tacitus Germania 4:
borde citeras enligt Reclam-förlaget, jag slår upp det på måndag
Das Tacituszitat wurde von dem bekannten Rassenideologen Houston Stewart Chamberlain in Grundlagen des 19. Jahrhunderts angeführt. Es beschreibt Eigenschaften, die die Konstruktion des idealen Menschen im Dritten Reich beeinflussen sollten: Das Volk sei rassisch rein, so Chamberlain, da es nicht mit verschiedenen anderen Völkern in Kontakt gekommen sei, es sei relativ einheitlich und sein Charakter zeichne sich durch Freiheit und Treue, die sich in der Pflicht äußerten, aus. Gleichzeitig nimmt Chamberlain die Gelegenheit wahr zu betonen, dass Tacitus Liste nicht auf alle Germanen zutreffe, er behauptet unter anderem, dass es wichtige Ähnlichkeiten zwischen Germanen und „Keltogermanen“ gäbe – vielleicht in Betracht seiner eigenen britischen Herkunft.
Heusler suchte – wie Chamberlain – nach einer nordisch-germanischen Mentalität. Er spricht von einem „Germanische Gemütsart“: Germanen seien heldenmütig, sorglos, feurig und rasch, außerdem betont er das Robuste, Naturverbundene und Praktische an ihnen. Deutsche und Nordländer fasst er als Einheit auf, das heißt, was über Norweger und Schweden gesagt wird, kann auch von Deutschen behauptet werden. Indes betont Heusler eher die germanische Einheit anstatt der deutschen, die er als verhältnismäßig junges Phänomen betrachtet. Der nationalsozialistische Politikwissenschaftler Friedrich Alfred Beck beschrieb den Charakter des germanischen Volkes in metaphysischen Begriffen. Für ihn ist die „nordische Blutzusammensetzung“ für das Germanentum ausschlaggebend:
[D]eutsches Germanentum is aus nordischem Rassentum entspringende metaphysische Charakterlichkeit, die sich in einer schöpferischen Gestaltungskraft auf dem Grunde einer heldischen Haltung, die durch die Persöhnlichkeit als der einzigartigen Darstellung des völkisch ganzheitlichen Seins getragen wird […]
In Becks Kapitel „Das Wesen des deutschen Germanentums“ bekommt das lang genährte rassistische Ressentiment, ein akademisch-intellektuelles Gewand. Beck behauptet auch, dass diese germanische Rassenmetaphysik zwingend radikal antijüdisch sei.
Schon 1946 wies der jüdische Forscher Max Weinreich darauf hin, welche wichtige Rolle den Wissenschaftlern zukam, um das neue Reich etablieren und insbesondere die Judenverfolgungen veranlassen zu können. Dass ein Kultur- und Wissenschaftsland wie Deutschland, das zu Beginn des Dritten Reichs in vielen Disziplinen führend war, eine Wissenschaft hervorbrachte, die ihre Regierung unterstützte und legitimierte, war natürlich von größter Bedeutung. Binnen kurzer Zeit war das Germanentum zum tragenden Paradigma geworden – ausländische Beobachter waren erstaunt, wie schnell das Germanentum eine so bedeutende Rolle in der wissenschaftlichen Arbeit während des Dritten Reichs spielen konnte. Hitler förderte einen wissenschaftlichen Rassismus, dessen Einfluss sich bei Rassenbiologen, Juristen, Politikwissenschaftlern, Historikern, Judaisten und Sprachwissenschaftlern ausmachen ließ. Nicht zuletzt Professoren der exegetischen Fächer waren als wissenschaftliche und „geistliche“ Legitimatoren des herrschenden Systems von Bedeutung. Am Bekanntesten waren der Tübinger JudentumsexperteProfessor Gerhard Kittel und der Jenaer Professor für Neues Testament Walter Grundmann. Beide waren anerkannte Persönlichkeiten innerhalb der internationalen Forschungsgemeinschaft und widmeten während des 12 Jahre bestehenden Dritten Reichs einen großen Teil ihrer Aufmerksamkeit der Rassenforschung.
Das Institut in Eisenach war in diesem wissenschaftlichen Paradigma des Germanentums beheimatet. Zumindest die Bezeichnung „Germanentum“, sowohl im Namen der Arbeitsgemeinschaft mit den nordischen Kollegen, als auch im Titel der Schriftenreihe deutet darauf hin.
Becks Fokus auf den Begriffen pro-germanisch und antijüdisch kann vielleicht zusammenfassen, wie im Folgenden „Ideologie des Germanentums“ von mir gebraucht wird; beide Schwerpunkte sind in den Publikationen des Instituts deutlich vertreten. Die Ideologie des Germanentums gründet sich zum einen auf den Gedanken einer germanischen Rassenessenz, die auf metaphysischer Ebene die der germanisch-arisch-nordischen Sphäre zugehörigen Volksgruppen vereint; auf der anderen Seite werden die Juden aufgrund ihrer rassischen Herkunft aus dieser Volksgemeinschaft ausgeschlossen. Das von deutscher Seite große Interesse an nordischen Forschern, was zunächst verwundern mag, erfährt in der grundlegenden rassenmäßig-ideologischen Verbindung zwischen Germanischem und Nordischem eine Erklärung. Wenn man indes die Bedeutung der Ideologie des Germanentums für diese Zusammenarbeit übersieht, wird es schwer fallen, das deutsche Interesse für die nordischen Teilnehmer zu verstehen: es handelte sich nicht nur um eine berufliche Zusammenarbeit, sondern ist mit den übergreifenden rassen- und geopolitischen Vorstellungen und Ambitionen während des Dritten Reichs im Zusammenhang zu sehen.
Arbeitsgemeinschaft „Germanentum und Christentum“: Eine germanisch-nordische Zusammenarbeit
Neben der regulären Arbeit an den Theologischen Fakultäten wurde am 06. Mai 1939 das Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben gegründet. Man knüpfte deutlich an Luther an. Die Einweihung geschah auf der Wartburg, dem Ort des Durchbruchs der lutherischen Reformation, einem Platz von starkem symbolischem Wert. „Die Wartburgstadt Eisenach “ein Ort „[…] von der gleichen symbolischen Bedeutung wie Wittenberg“, so Walter Grundmann im Vorwort des Tagungsberichtes. In drei umfassenden Bänden wurden Aufsätze von den Tagungen in der Lutherhalle Wittenberg im März 1940, in Eisenach im März 1941, an der 600 Kirchenleute und Theologen, darunter auch ausländische Delegierte, teilgenommen hatten, sowie in Nürnberg im Juni 1942, herausgegeben. Der Austausch zwischen Schweden, insbesondere den Universitätsstädten Uppsala und Lund, sowie Finnland und Thüringen war intensiv. Thüringen war seit 1927 bedeutendster Nährboden für völkische Theologie, später wichtigste Basis der Deutschen Christen, vor allem wegen der Betätigung der Pfarrer Siegfried Leffler und Julius Leutheuser; Leffler leitete auch das Institut. Wir haben jedoch keine Belege dafür, dass schwedische Delegierte an der Eröffnungsfeier teilnahmen oder zu den ersten Mitarbeitern gehörten.
Recht bald ergriff das Institut auch die Initiative unmittelbar nordische Kontakte zu knüpfen. Im Dezember 1941 und Januar 1942 schreibt Hugo Odeberg in der Zeitung Sverige-Tyskland über einen Kongress in Weißenfels im November 1941 von der „’Vereinigung zum Studium der germanischen Kultur‘, in Deutschland nunmehr ‚Arbeitsgemeinschaft Germanentum und Christentum‘ genannt“. Odeberg wurde als Leiter „der schwedischen Sektion“ derselben angesehen. Ursprünglich sollte die Tagung in Rostock abgehalten werden, jedoch wurde sie, wahrscheinlich mit Rücksicht auf den schwedischen Bezug, nach Weißenfels in der Nähe von Lützen verlegt. 23 Personen nahmen teil. Die Tagung „sammelte sich um das den germanischen Kulturen gemeinsame Erbe“. Am 6. November nahm man an der Feier des Gustav-Adolf-Gedenkens teil, wo deutsche Schulkinder mit schwedischen und finnischen Flaggen in den Händen aufmarschierten – seit Juli 1941 war Finnlands auch Deutschlands Sache. Der Leiter der Arbeitsgemeinschaft war der Jenaer Professor Wolf Meyer-Erlach, der diese gemeinsam mit Professor Grundmann ins Leben rief, nachdem er im Herbst 1941 eine Vorlesungsreihe in Schweden gehalten hatte. Im Zusammenhang mit der Reise hatte sich der schwedische Verein gebildet. Zur Einführung sprach Meyer-Erlach über „Luther und Gustav Adolf“. Dieser Beitrag leitet den von Grundmann gemeinsam mit Odeberg und Meyer-Erlach herausgegebenen Band Die völkische Gestalt des Glaubens ein. Der Titel spricht seine deutliche Sprache, es geht um völkische Theologie. Eine Notiz eines anonymen Teilnehmers des Seminars erzählt: „Das Fundament der Tagung war neben der These vom Germanentum, das aus sich ein natürliches Christentums hervorgebracht habe, das Dogma von Jesus, dem Arier “.Es bekräftigt, dass sowohl die Ideologie des Germanentums, als auch die rassische Abstammung Jesu für die Arbeit fundamental wichtige Fragen waren.
Dass schwedische und nordische Theologen, die zu den Tagungen der Arbeitsgemeinschaft reisten mit einer stark und deutlich profilierten Ideologie des Germanentums in Berührung kamen, bestätigt sich bei der Untersuchung von Veröffentlichungen des Instituts. Unter anderem hatte der leitende Forscher des Instituts, Walter Grundmann, seine Untersuchung über Jesus, den Galiläer mit deutlich rassistischen Vorzeichen publiziert, worauf ich zurückkommen werde. Die Zusammenarbeit wurde sowohl von den schwedischen als auch den deutschen Teilnehmern mit Zufriedenheit begrüßt:
In den Schlussansprachen von Prof. Dr. Grundmann und Prof. Dr. Odeberg konnte mit vollem Recht auf die große Bedeutung dieses ersten religionswissenschaftlichen Treffens sowohl für die deutsche als auch für die schwedische Religionswissenschaft hingewiesen werden. Bei den Schweden wuchs aus der Begegnung mit den deutschen Teilnehmern von Tag zu Tag das Verständnis für das neue Deutschland und seine Probleme. Damit hat die Weißenfelser Arbeitszusammenkunft zugleich eine wesentliche Frage für eine kulturelle und allgemeine Verständigung zwischen dem neuen Deutschen Reich und dem Norden in folgerichtiger Weise angefasst.
Es ist deutlich, dass die Zusammenkunft aus wissenschaftlicher Perspektive geglückt erschien, aber nicht nur das: sie förderte geradezu die Gemeinschaft zwischen Deutschland und dem Norden und deren politische Bedeutung, worauf ich früher hingewiesen habe.
Der einzige schwedische Beitrag, der auf den Generalversammlungen des Instituts vorkam, war der von Hugo Odeberg. Zur Hauptversammlung des Institutes vom 9. bis 11. Juni 1942 in Nürnberg scheint Odebergs Forschung für die Arbeit des Instituts große Bedeutung gewonnen zu haben. Sie trug, wenn auch mit wissenschaftlich subtilen Mitteln, zum Programm des Instituts, zur Entjudaisiserung des Christentums bei. Man sollte nicht unterschätzen, welche Bedeutung es hatte, einen für seine Judentumsforschung international renommierten schwedischen Universitätsprofessor, in seinen Reihen aufweisen zu können. Odeberg hielt einen Vortrag unter der Überschrift Jesu Muttersprache als wissenschaftliche Aufgabe. Die Grundthese war, dass Jesus nicht Hebräisch, sondern Aramäisch sprach. Nach Grundmann verdiente diese Aussage besondere Aufmerksamkeit. (Schon 1939 war es Grundmann gelungen, das Fach Hebräisch aus dem Theologiestudium an der Universität Jena zu streichen.) In Odebergs Artikel ist die Sprachenfrage ideologisch aufgeladen, laut Odeberg war das Faktum, dass Jesus Aramäisch verwandte, Teil seiner ideologisch bedingten Distanzierung von den hebräischsprachigen Rabbinern. Odeberg betont, dass Jesu Muttersprache keine jüdische Sprache war, Aramäisch sei im Unterschied zum Hebräischen eine Weltsprache gewesen. Die Syntax zeige, dass es sich um eine Weltsprache handle, die sich dazu eigne Begriffe, Gedanken und emotionalen Inhalt auszudrücken, die „weit über die begrenzte Art des Denkens und Fühlens der Hebräer hinausgingen.“ Jesu Sprache eigne sich für einen größeren Wirkungsbereich, wenn man den ursprünglichen Wortlaut der Jesuworte untersuche, sähe man nicht eine jüdisch-palästinensische Verengung, sondern dass sie größere Reichweite haben. Laut Odeberg ähnelt die aramäische Syntax der moderner Sprachen, wie beispielsweise der des Deutschen, mehr. Die Kreise aus denen das Aramäische kam, standen wie Jesus in schärfstem Gegensatz zu den führenden Gestalten der jüdischen Gesellschaft. Das Studium der rabbinischen Literatur lehrte nur zu verstehen, wie Jesu Gegner dachten, so Odeberg, das Aramäische jedoch ebne uns den Weg zwischen den unglücklichen jüdisch-hellenistischen Gegensätzen.
Der bedeutende Linguist Odeberg gebrauchte hierbei seine Untersuchungen um mittels sprachwissenschaftlicher Begriffe einen Ausweg aus zwei Abhängigkeiten, der jüdischen und der hellenistischen, zu schaffen, die er nicht anerkennen konnte. Zunächst ist es interessant, dass Odeberg hier, im Gegensatz zu einer langen Forschungstradition, das Aramäische zu dem Universalistischen bei Jesus macht, noch bevor der griechischen Sprache und dem griechischen Denken traditionell diese Rolle zukam, etwa bei Ferdinand Christian Baur in Tübingen. Dies zeigt Odebergs bezeugte Originalität und es ist gewiss positiv, dass er darauf hinweist, dass die östliche jüdische Diaspora auch eine lingua franca hatte, das Aramäische, was wenige Forscher bemerken. Danach hört Odeberg auf überzeugend zu wirken. Die sprachphilosophischen Aspekte, Sprache und Nationalität, sind höchst spekulativ – solche Verbindungen zwischen Sprache und Mentalität waren im Geiste Humboldts nicht ungewöhnlich. Aber auch die zeitigen universalgrammatischen Überlegungen zur Kompatibilität der aramäischen Sprache mit den modernen Sprachen sind ausgesprochen zweifelhaft. Selbst wenn es gewisse Ähnlichkeiten in der Verbsyntax gibt, wie etwa bei der Verwendung des Präsens, ist der Unterschied zwischen einem deutschen und einem aramäischen Satz beträchtlich. Zu den Schwächen seiner Hypothese gehört außerdem, dass das Neue Testament eine Bezeugung der aramäischen Syntax vermissen lässt und dass die galiläisch-aramäische Syntax, die er beschreibt und auf welche er seine Hypothesen stützt, selbst auf schwer datierbares Quellenmaterial zurückgeht. Auch soziolinguistische Spekulationen scheinen eine Rolle zu spielen. Die in früheren Untersuchungen übliche Gegenüberstellung vom am haaretz, als galiläische Unterklasse mit der sich Jesus identifizieren konnte und einer judäisch-jüdischen Herrscherklasse scheint hinter Odebergs Dichotomie zwischen der hebräischen und der aramäischen Sprache zu liegen. Entscheidend sind jedoch in diesem Zusammenhang die dahinter liegenden ideologischen Motive, die Odeberg dazu bewegten, diese Ideen in einem Institut vorzustellen, dass sich der Aufgabe widmete, dass Christentum zu „entjuden“. Durch seine linguistischen Überlegungen gelingt es Odeberg, Jesus von seinem jüdischen Hintergrund loszulösen. Odeberg und Odebergs Jesus distanzieren sich von allem, was jüdisch erscheint – auch wenn sie mit wissenschaftlichen Subtilitäten argumentieren – und die Ergebnisse tragen zum Ziel des Instituts bei, der „Entjudung“ des Christentums. Viele von Odebergs Argumenten sind gelinde gesagt dubios, und die Tatsache, dass er unter der Zielsetzung des Instituts überhaupt referierte, ist an sich ein Bekenntnis. Durch seine Beziehung zu Gerhard Kittel war Odeberg mit der in Deutschland betriebenen rassistischen Judentumsforschung wohl vertraut. Zwei Jahre nach der Kristallnacht würdigt er die Absicht des Neuen Deutschlands der Frage nach dem Einfluss der Juden „auf den Grund gehen“ zu wollen. Odeberg trug zu diesem rassistischen Vorhaben bei.Als Grundmann nach 1945 die fortgesetzte Existenz des Instituts damit verteidigte, dass es geglückt sei zu zeigen, dass Jesus vom Alten Testament unabhängig war und im Gegensatz zum Judentum seiner Zeit stand, war die Tatsache, dass ausländische Forscher dies bekräftigt hatten, Teil der Argumentation. Einer der ausländischen Forscher, die die wichtigste Rolle am Institut spielten, war nach den Veröffentlichungen und den hier angeführten Kommentaren zum Engagement bei den Tagungen zu urteilen, Odeberg. Walter Grundmann bezeichnete eben Odebergs oben vorgestellte Untersuchung als wesentliche Bekräftigung der Ergebnisse der Jesusforschung des Instituts, nämlich, dass Jesus nicht jüdisch sei, was er in mehreren Berichten von der Tagung in Nürnberg zum Ausdruck brachte. In einer Mitteilung schreibt Grundmann:
Zu einem besonderen Ereignis von wesentlicher grundsätzlicher Bedeutung gestaltete sich der Vortrag des schwedischen Gastes, Professor Dr. Odeberg, über „Die Muttersprache Jesu“. Setze er zunächst die Jesusuntersuchungen des Institutes fort, so wurde er zu einer wesenhaften und grundsätzlichen Bestätigung der Gesamtsicht des im Institute erarbeiteten Jesusbildes. […] Odebergs Vortrag [bedeutete A.G.], aus eigener Forschung erwachsen und ohne wesentliche Berührung mit den bisherigen Arbeiten des Institutes, eine weitere Bestätigung dieser Position. Es ist nunmehr ausgeschlossen, die Arbeit des Institutes am Jesusbild als eine Zeittendenzen nachgebende Verzeichnung abzutun, auch wenn Einzelfragen strittig bleiben werden. Odeberg zeigte in einer Untersuchung der Muttersprache Jesu die auf eine Weitenwirkung angelegte, gegen-jüdische, neuschöpferische Sprache Jesu auf.
Grundmann bezeichnet in einem ähnlichen Dokument Odebergs Vortrag als „einen besonderen Höhepunkt der Tagung“. Besonders fasziniert zeigt er sich von der durch Odebergs Thesen betonten Gemeinschaft zwischen Jesu Sprache und dem Deutschen:
Man kann somit zu der erstaunlichen Feststellung gelangen, dass eine Aussage Jesu in einer schlichten deutschen Fassung den ursprünglichen Sinn oft viel getreuer wiedergeben kann, als die Fassung, der wir im griechischen Neuen Testament begegnen.
Eine zweite deutsch-nordische Tagung, die Zweite nordische religionswissenschaftliche Arbeitstagung, wurde vom 7.-13. Oktober 1942 abgehalten und während das Thema der ersten theologisch war, beschäftigte sich diese zweite mit solcher Literatur und Kultur, die sich unter dem Begriff Germanentum zusammenfassen ließ: Wolframs Parzival und Goethes Faust (Grundmann), dem schwedischen Denker Pontus Wikner (Odeberg), Novalis (Eisenhuth), Thule und Sieherin (Prof. Koepp), „altgermanischer Heilandsdichtung“ (Dr. Rooth, Lund), über den Glauben der Einwohner des hohen Nordens an das Leben und das Jenseits(Axel Ahlman, Lund). Geplant war außerdem ein Vortrag über die finnische Volksseele in der Kalevala von Professor Otto Andersson, Åbo, welcher jedoch abgesagt wurde. Der Inhalt des Programms verdeutlicht den germanisch-nordischen Gedanken. Odeberg und Meyer-Erlach traten als Leiter der Tagung auf und auch die schwedischen delegierten Pfarrer, teol. lic. Erik Douglas Edenholm, Närtuna und Dr. Nils Hannerz, Stockholm wirkten mit.
Die Verschiebung des Fokus von eher theologischen Gegenständen hin zu Fragen der germanischen Volksseele, beleuchtet von verschiedenen kulturellen Blickwinkeln her, deutet an, dass die Ideologie des Germanentums immer wichtiger zu werden schien. In Wolf Meyer-Erlachs Einführungsrede wurde aber auch die tagespolitisch brisante Frage zum „Der Norden als gestaltende Macht im Ostseeraum“ berührt:
In der Schicksalsstunde des Abendlandes stehen vor uns die Nordgermanen, die einst als Normannen, als Wikinger und Waräger die Grenzen des Abendlandes zogen, die das Hakenkreuzzeichen schon überall dort vor tausend Jahren aufpflanzten, wo es heute wieder weht! [—] Landnot und die Not des Ostens hat einst die Waräger und die Deutschen nach dem Osten gerufen. Landnot und die Not der Völker des Ostens rief dem Deutschen der Gegenwart, rief die abendländischen Völker unserer Tage in den Ostraum. […] In diesem gewaltigen Ringen um den Ostraum stehen neben den deutschen Soldaten mit ihren Verbündeten, neben den deutschen Arbeitern und Bauern der Gegenwart auch wir Geisteswissenschaftler, in denen das Blut der Germanen das Erbe der Väter bewusst antritt.
Schon einleitend wird der Krieg im Osten benannt, und Meyer-Erlach gibt damit ein vortreffliches Beispiel für den politisch-ideologischen Kontext, in dem die Veranstaltung beheimatet war und darüber, wie die ‚Wissenschaft‘ als Legitimation dafür fungieren konnte. Damals waren es ‚Wikinger und Waräger‘, die die Ukraine und Russland gestalteten und beherrschten, nun waren es deutsche Soldaten, die in Analogie zu ihnen, diese Regionen ‚zurückeroberten‘ und das Hakenkreuz stand erneut über diesen Ländern. Was vereinte war das gemeinsame germanische Blut. Selbst Hugo Odeberg versuchte in seinem Vortrag über Pontus Wikner, so der Berichterstatter, eine „Weiterführung der Klärung des Beziehungsverhältnisses von Germanentum und Christentum“:
Es war der germanische Geist, der den neuen Wein von der Botschaft Jesu am reinsten zu trinken gewagt hat und an der Spitze der Reformation marschiert ist.“
Auf damals übliche Weise verbindet Odeberg die Idee des deutschen Elementes in der Reformation mit dem Begriff Germanentum, der in einem Wort Nordisches und Deutsches vereint. In dem veröffentlichten Artikel heisst es:
Das einzige Christentum, das uns persönlich erlebbar werden kann, ist darum ein Christentum, das unserer geschichtlichen Vergangenheit verbunden und aus dieser Vergangenheit organisch hervorgewachsen ist. Für das germanische Volk [sic!] ist die geschichtliche Wirklichkeit nur in der eigenen, das heißt germanischen Gemeinschaft, gegeben. Ein persönliches Christentum, ein Christentum, das erlebt und gelebt wird, kann für das germanische Volk nur ein solches Christentum sein, das in der Vergangenheit des germanischen Volkes verwurzelt ist.
Odeberg spricht hier von einem Volk, dem germanischen, nicht von einem deutschen oder schwedischen und es ist offensichtlich, dass sich Odeberg hier die Ideologie des Germanentums zu eigen macht.
Bei der Tagung war die überwältigende Mehrheit der Teilnehmer aus Schweden, aber es gab auch einige wenige Delegierte aus Finnland, Norwegen, Deutschland und Rumänien, darunter den norwegischen Kirchenminister und die Bischöfe von Oslo und Trondheim, also Funktionäre des seinerzeit besetzten Norwegen. Solch beachtliche Repräsentation zeigt, dass der Arbeit des Instituts große Bedeutung zugemessen wurde. Meyer-Erlach versichert in einem Brief an das Auswärtige Amt, dass die Teilnehmer der Arbeitsgemeinschaft „in enger Verbundenheit […] für die germanische Selbstbesinnung des Nordens und für seine Befreiung aus dem artfremden jüdischen Einfluß“ stünden. Die Arbeitsgemeinschaft spielt, so Meyer-Erlach, eine wichtige Rolle, um dem unglücklichen Einfluss des Judentums entgegenzuwirken. Ein Ergebnis der Tagungen war, dass sich sieben schwedische Studenten dazu entschlossen im Fach Theologie an der Universität Jena zu promovieren. Grundmann wollte ihnen „das verpflichtetete Erkenntnis des rassisch-volkhaften Ansatzes für alle wissenschaftliche Arbeit“ nahebringen. Grundmann betont in diesem Zusammenhang die gemeinsamen blutsmäßigen und kulturellen Anlagen: „daß das Blut die entscheidende Macht bedeutet“. Während der ideologisch aufgeladenen Feierlichkeit in der Gustav-Adolf-Kapelle in Lützen sprach unter anderen Douglas Edenholm davon wie Gustav-Adolf die edelsten Elemente von Germanentum und Christentum in sich vereinte. Er wurde einer dieser Doktoranden.
Ich will mich kurz bei zwei schwedischen Beiträgen aufhalten, die in dem Band Die völkische Gestalt des Glaubens veröffentlicht wurden. Die Texte stammen von Douglas Edenholm und Hugo Odeberg. In „Das germanische Erbe in der schwedischen Frömmigkeit“ beschreibt Edenholm den Zusammenhang zwischen Christentum und dem germanischen Erbe. Er tut das auf eine Art und Weise, die an den Synkretismus von Christlichem und Germanischem erinnert, der im deutschen Kirchenleben vorkam, beispielsweise in dem Buch Germanenchristentum, in dem Grundmann germanische Mythologie und Christentum verband.
Wie Edenholms Gemeindekirche in Närtuna auf dem Blutplatz der Fruchtbarkeitsgöttin Nerthus aufgebaut ist, so auf „wie das Christentum doch in unseren Land sich aufbaut auf dem alten Germanentum als seinem Naturgrund, ’Blut und Boden’[…]“, den das Germanentum ausmacht. Und wenn Edenholm die alte Religion unter der alten Kirche Uppsalas erahnt, ist das ein mysterium tremendum. Wiederholte Male hebt Edenholm eben die vorchristliche Religion in bewunderndem Ton hervor. Die Schweden sind, so behauptet er ferner, gemäß den Messungen und rassenbiologischen Analysen, die ausgeführt wurden, die rassenreinsten Germanen. Er kann dabei auf eine ganze Reihe von Rassenbiologen verweisen, darunter den Uppsalaer Lundborg. Außerdem nennt Edenholm Tegnér, Geijer, Rydberg, Heidenstam und andere mehr und weist daraufhin, wie diese christlichen Geist und germanischen Kraft verbinden. Sowohl Wallins als auch J.A. Eklunds Kirchenlieder werden wegen ihres nordischen und nationalschwedischen Inhalts hervorgehoben. Das Lied Fädernas kyrka i Sveriges land („Der Väter Kirche im Schwedenland“) ist „von echtgermanischem Christentum durchtränkt“ und die besten Eigenschaften und Ideale der germanischen Rasse werden in den Dienst der Väterkirche gestellt. Die Anstrengungen Gustaf II. Adolf in Deutschland sind Großtaten der nordisch-germanischen Rasse. Auch in der Volkskultur sieht Edenholm germanische Züge: das Weihnachtsgebäck hat Hakenkreuzform; das Weihnachtsfest ist ein Meisterwerk christlichen Geistes auf germanischer „Urerde“, und in der Person der Heiligen Birgitta vereinen sich „echt germanische Kraftgefühl und heiligem christlichem Eifer“. Theologisch wendet sich Edenholm gegen Gustaf Aulén, äußert zugleich jedoch Wertschätzung gegenüber Nathan Söderbloms Theologie, die, so Edenholm, ein echt iranisch-germanisches Kampf- und Siegesmotiv habe. Im Allgemeinen sei die Theologie übrigens harmlos, steril und ängstlich konfessionell. Durch sie ginge dem Christentum jeder heroische Zug verloren. Indes betont das wahre Jesusbild „das heroisch-männliche, was man so gerne mit dem Begriff Germanisch in Verbindung bringt“. Der tapfere Mann von Nazareth mit seiner freimütigen, aufrichtigen Haltung wird akzentuiert und Edenholm verweist auf Emanuel Linderholms Kriegsruf „Fort vom Dogma zum Evangelium“. Hier erwähnt Edenholm die rassenbiologische Diskussion um Jesu Judenheit; jüdische „Rassenvoraussetzungen“ genügen nicht, um Jesus zu verstehen. Letztendlich unterstreicht Edenholm, dass Gustaf Adolf für ein evangelisch-germanisches Christentum in Schweden und Deutschland starb. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Edenholm in jenem Artikel schwedische Kultur und christliche Theologie unter dem Begriff der Ideologie des Germanentums diskutiert. Das Rassendenken liegt seiner Analyse zugrunde und der Vorzug der rassenreinen Schwedenwird betont, Rassenvermischung wurde als negativ betrachtet. Das Jüdische wird meist nur im Vorübergehen berührt, dabei wird betont, dass Germanisches und Jüdisches artfremd sind. Edenholm knüpft seinen theologischen Mittelpunkt, die Jesusgestalt, an das Germanische an: Jesu männliche Tatkraft sei ein genuiner Ausdruck für das Germanische. Ich werde darauf zurückkommen.
In Odebergs Beitrag ist die Botschaft, die Germanisches und Jüdisches zueinander ins Verhältnis setzt, zu Anfang subtiler formuliert. Doch sagt der Untertitel alles darüber aus, was die Relevanz des Artikels in der Rassenfrage angeht: Verjudung und Entjudung der antiken Welt. Odeberg beginnt mit einer sorgfältigen historiographischen Analyse der Problematik des Gegensatzpaares jüdisch-hellenistisch, worin er sich als seiner Zeit voraus erweist und den später weitaus geläufigeren Beiträgen des bekanntesten Forschers auf diesem Gebiet, Martin Hengel, zuvorkommt. Odeberg war sich des problematischen Charakters des Begriffs Hellenismus deutlicher bewusst als die meisten Exegeten nach ihm! In der Frage des Judentums lässt er Schwierigkeiten erkennen zwischen palästinischem Judentum und Diasporajudentum zu unterscheiden. Er hebt Beispiele von Religionsdurchmischung hervor, wo das Judentum als dieser Gruppe zugehörig angesehen wurde. Bald jedoch lässt Odeberg seine gesunde Geschichtsschreibung fallen und geht zu einer rein ideologischen Geschichtskonstruktion über, welche auf gegen die Juden gerichtete Standardvorurteile zurückgreift. Das Judentum habe in der Antike größeren Einfluss gehabt, als man zu denken gewohnt sei, so Odeberg, und der kosmopolitische Gedanke stamme von den Juden. Laut Odeberg gab es einen großen jüdischen Einfluss auf den Hellenismus, aber dies blieb verborgen, weil die Forschung von Juden beherrscht wurde, die beabsichtigten den jüdischen Einfluss zu verschleiern. Odeberg stellt das antike Judentum als eine imperialistische Weltmacht dar, der es gelang, den Hellenismus zu durchsäuern, so dass man, wohin man sich in der hellenistischen Welt auch wandte, unmittelbar oder vermöge des Hellenismus von diesem Weltjudentum beeinflusst wurde. Odeberg setzt essentialistischeParallelen zwischen antikem und zeitgenössischem Judentum und deren angeblicher Überlegenheit im Finanzwesen, im Kulturleben und der Presse.
Odeberg ist der Meinung, dass eine Geschichtsforschung, die sich von der jüdischen Einmischung befreite, viel zu gewinnen habe. Die moderne Weltkultur sei jüdisch, setzt er fort. Wissenschaft, Kunst, Finanzwelt und Presse seien jüdisch dominiert und die Überlegenheit dieser Weltkultur verunstalte die Volkskulturen. Die deutsche Kultur beispielsweise werde nur mit Namen wie Freud, Einstein und Thomas Mann in Verbindung gebracht; die russische mit Bolschewismus [stillschweigend vorausgesetzt: jüdisch A.G.], die schwedische Kultur werde nicht mit Gustaf Vasa, Gustaf Adolf, Karl XII, Tegnér, Geijer etc. im Zusammenhang gesehen. Odeberg kommt auf seine Hellenismusdeutung zurück und meint, dass es gerade eine judaisierte Weltkultur gewesen sei, welche die verschiedenen eingehenden Kulturelemente entstellte. Der Hellenismus sei nicht eine Orientalisierung des Okzidents noch eine Hellenisierung des Orients, sondern eine Judaisierung der alten Welt gewesen seit die Juden zum ersten Mal den Hellenismus durchsäuert hatten. Wenn Odeberg dazu übergeht, das Urchristentum zu behandeln, will er auch dieses nicht in jüdische und hellenistische Bestandteile zerlegen. Schon zeitig hatte das Urchristentum gegen das Judentum Stellung bezogen, obwohl es am Alten Testament und an einem strikten Monotheismus festhielt. Odeberg hebt jedoch Christus und die Begegnung mit ihm als das Entscheidende hervor, und als das, was alles überschattet, sei es jüdisch oder hellenistisch. Das Christentum stand schon seit seiner Geburt in schärfstem Gegensatz zum Judentum, einem Judentum, welches den Hellenismus geprägt hatte. Als das Christentum seinen Siegeszug antrat, trug es zu einer Enthellenisierung „und einer Entjudaisierung der alten Welt“ bei (Hervorhebung von Odeberg). Das Christentum griff anstatt auf Judentum und Hellenismus, auf das echte Menschliche zurück. Nach Odebergs Logik wird das Christentum essentiell antijüdisch und deswegen wird die Entjudaisierung des Christentums zur wichtigen Aufgabe. Odeberg veröffentlichte 1940 einen Artikel, der in großen Passagen mit dem hier behandelten identisch ist, aber im Vergleich dazu einige wichtige Unterschiede aufweist. Die historiographischen Überlegungen sind dieselben, aber es scheint, dass Odebergs Entwicklung oder vielleicht der rassistische Kontext, den das Institut verkörperte und in dem der Germanentumartikel vorgestellt wurde, zu einer größeren Freimütigkeit in der Polemik gegen das Judentum einlud. Den Untertitel „Verjudung und Entjudung der antiken Welt“ gibt es in erwähntem Artikel nicht – obwohl das Entjudaisierungsprogramm in dem Germanentumartikel ideologischer Unterton ist. Auch die Verschwörungstheorien waren in dem Artikel von 1940 nicht enthalten. Demzufolge entwickelte sich Odeberg im Germanentumartikel von dem ungewöhnlich nüchtern räsonierenden Religionshistoriker – der in der Frage Jüdisch oder Hellenistisch sich in der Tat erheblich nachdenklicher, als zum Beispiel die Religionshistorische Schule zeigte, mit deren Ideen er sich wohl informiert auseinandersetzte – zu einem Ideologen mit kaum historisch belegbaren Ansichten mit rassistischen Anzeichen. Von dem zur gleichen Zeit relativ gewöhnlichen Gedanken, dass Judentum sei von zeitgenössischen Religionen beeinflusst worden, nimmt er jedoch grundlegend Abstand. Das Judentum gab seinen Monotheismus nicht auf. Genauso wenig entstand das Urchristentum aus einer „Vermählung von Hellenismus und Judentum“ – ein Gedanke, den Gustaf Droysen parallel zu Hegel hatte. Wenn freilich Odeberg in seinem Germanentumartikel behauptet, dass das Judentum durch den Hellenismus seine Weltherrschaft begann, unter der die Welt ihmzufolge bis heute leide, hat er den geschichtlichen Boden zugunsten der Ideologie verlassen. Erfüllt von der damaligen rassistischen Analyse der finanziellen, wissenschaftlichen und kulturellen Weltherrschaft der Juden, konstruiert er das antike Judentum mittels ideologischer Begriffe. Durch diese ideologische Deutung des Judentums als zweitausendjährige globale Verschwörung, wird sein Vortrag zu einem wichtigen Beitrag für das Programm des Instituts, das Christentum zu entjudaisieren. Dass der Vortrag wie ein Gegenwartskommentar aufgefasst wurde, bekräftigt ein Bericht von der Tagung:
Besonders ausdrucksvoll war die Parallele, die Prof. Odeberg zur Gegenwart zog, indem er nachwies, dass die heutige englisch-amerikanische Mischkultur, die die Weltherrschaft an sich riss, genauso vom Judentum bestimmt ist, wie der, das damalige römische Weltreich bestimmende, Hellenismus.
Ich habe in diesem Abschnitt gezeigt, dass die übergreifende Rassenideologie, welche die Existenz sowie die Projekte des Institutes begründete, von den schwedischen Mitarbeitern mit getragen wurde. Man kann sie folglich nicht als der Manipulation ausgesetzte ahnungslose Opfer betrachten. Nicht zuletzt wusste ein fleißiger Deutschlandbesucher zu Anfang der vierziger Jahre zudem sehr genau, wie Germanisches und Jüdisches im Land im Kurs standen. Das Institut wurde von dezidiert nazistischen Führungskreisen innerhalb der Deutschen Christen betrieben. Hugo Odeberg lässt in einem anderen Artikel von 1941 erkennen, dass er gänzlich damit einverstanden ist, dass die theologische Arbeit in Deutschland, von der neuen Ideologie geprägt ist:
„Es kann hingegen nicht vermieden werden, dass solche Wissenschaften, die mit Lebensanschauung und Geschichte zu tun haben, eine andere Ausrichtung mit dem erneuerten Interesse für alles, was wirklich deutsch oder nordisch ist, erfahren“.
Dies auch, um den nicht unbedeutenden Einfluss anderer Interessen, „nicht zuletzt von gewissem internationalen Charakter“, auszuwiegen. Letzterer Ausdruck ist nahezu eine Chiffre für jüdischen, vermutlich verbunden mit amerikanisch-englischem Einfluss.
Die Betätigung der Arbeitsgemeinschaft kann man vielleicht in ihrer Ideologie des Germanentums und ihrem Entjudaisierungsprogramm zusammenfassen. Edenholm knüpft offen an die Germanentumideologie an, während sich Odeberg darauf beschränkt das Weltjudentum anzugreifen. Das Tagungsprogramm des Jahres 1942 zeigt, dass gerade die Zusammenarbeit mit Schweden und Norwegen wichtig war, weil sie die rassische und blutsmäßige Einheit ausdrückte und sich auf die nordisch-germanische ‚Rassenessenz‘ konzentrierte. Auch die Begründung Meyer-Erlachs gegenüber den deutschen Behörden stützt dies: beabsichtigt werde, die germanische Identität zu stärken, um auch den artfremden jüdischen Einfluss bekämpfen zu können. Das Ziel des Instituts und der deutsch-nordischen Tagungen war mithin pro-germanisch und antisemitisch.
Der germanische Jesus auf schwedischem theologischen Boden
Es gibt meines Wissens in schwedischen theologischen Publikationen aus der Zeit des Dritten Reichs wenige Belege für ein regelrechtes Rassendenken in Bezug auf Jesu Person. Selbst wenn Sympathien mit dem Nationalsozialismus – und mehr als nur solche – sogar in kirchlichen Kreisen vorkamen, gibt es einen gradweisen Unterschied zwischen einem leidenschaftlichem Interesse für nationalsozialistische Ideen sowie deren Unterstützung und der Aneignung einer Rassenideologie als theologischem Handwerkszeug und schließlich der Verbreitung dieser Vorstellungen in der theologischen Debatte. Wenn aber Douglas Edenholm, dessen Beitrag zur deutschen christlichen Germanentumforschung oben behandelt wurde, seine Gedanken über Germanisches und Christliches vorstellt, fallen Germanentum und rassistische Polemik auf schwedischen Nährboden; der Vortrag wurde zum Sommertreffen desSchwedischen Religiösen Reformverbandes im Juli 1941 gehalten. Der Bezug zu den Veröffentlichungen des Instituts in Eisenach ist unzweifelhaft. Edenholm war nicht irgendwer, selbst wenn er keine schwedische akademische Karriere gemacht hatte: Gemeindepfarrer, theologisches Lizentiat der Universität Uppsala, später Dr theolin Jena. Er war Sekretär und einer der Führenden des Schwedischen Religiösen Reformverbandes, der beherrschenden liberalen Reformbewegung innerhalb der schwedischen Christenheit dieser Zeit. Es ist nun nicht übertrieben zu sagen, dass der Vortrag vor einem Teil der protestantischen Kulturelite gehalten worden sein dürfte. Die Führungsgestalt des Verbands war der Professor für Kirchengeschichte in Uppsala Emanuel Linderholm, eine profilierte Persönlichkeit im schwedischen Kirchenleben. Der Vortrag wurde in der Zeitschrift des Verbands Religion und Kultur gedruckt und bringt eine unmißverständlich rassistische Haltung zum Ausdruck.
Edenholm stellt einleitend die Behauptung auf, dass die Frage des Verhältnisses des Germanischen, beziehungsweise Arisch-Nordischen zum Christlichen erneute Aktualität gewonnen habe. Er thematisiert die Bedeutung beider Begriffe und ihre gegenseitige Beziehung. Edenholm verweist auf Alfred Rosenbergs Nationalsozialismus, sowie auf Nietzsche und Wagner. In einem späteren Textabschnitt wird die Dreiheit Germanisch-Arisch-Nordisch als „konstruktiv-symbolischer Begriff“ vorgestellt. Der Hinweis auf Rosenberg und den Nationalsozialismus erscheint Edenholm an sich nicht fragwürdig, jedoch betont er, dass er von politischen Gesichtspunkten absieht und sich auf die „religiös-ethische Seite des Problems“ beschränkt – dennoch werde er „gewisse rassenbiologische Fragen“ berücksichtigen.
Edenholm integriert diese in eine übergreifende theologische Perspektive. Hintergrund dafür ist, dass die Theologie im vorherrschenden Christentum, welches für ihn passiv-negativ ist, allzu jenseitsorientiert sei und „diese Welt und das wirkliche Leben“ nicht bejahe. Man spräche auch allzu viel über Sünde und Schuld, Vergebung und Segnung, selbst wenn diese Worte wahre Religion ausdrückten. Der sittliche Imperativ wird betont und Edenholm greift die Passivität auf dem Gebiet der Ethik an, die unter anderem die objektive Versöhnungslehre mit sich bringt. Mehrmals erwähnt er die Oxfordbewegung, aber auch die katholische Kirche und die Heilsarmee als Beispiele für eine ungesunde Religiösität. Edenholm beschreibt die Stimmung in den Kontexten, die er als negativ, quietistisch und passive Tugenden begünstigend kritisiert: Achtsamkeit, Wachsamkeit, Vorsicht, Gehorsam und das allgemein Anerkannte – eine Religion der Kleinbürgerlichkeit. Dass, was „stark und glaubensfreimütig“ ist, fehlt. Das Jesusbild ist von solchem Christentum beeinflusst worden und Jesus ist zu dem „fast weiblich weichen und empfindsamen, bei dem die passiven Eigenschaften“ vorherrschen, geworden: Milde, Barmherzigkeit, Sanftmut, Untergebenheit. Das hat die Menschen aus der Kirche getrieben. Solches Christentum „wirkt abstoßend für jede gesunde und starke Lebensbejahung“. Gegen dieses pietistische Jesusbild muss sich das Bild des Evangeliums behaupten, „die heroisch-männlichen [Eigenschaften A.G.], die man so gerne mit dem Begriff des Germanischen verknüpft“.
Die germanische Jesusgestalt – welche wir mit einer jüdischen kontrastiert sehen werden – die Edenholm jetzt von den Evangelien her konstruiert, ist furchtlos, aufrecht, vorurteilsfrei, offen freimütig, mutig, tapfer, ein Mann, der wie ein Held stirbt, gleichzeitig ritterlich gegenüber der Frau, hochsinnig, großzügig in seinem Gottesglauben, aber auch ein “von heiligem Zorn und [harm nitälskande???]“. Er setzt „die höchsten Ziele [..], bereit für deren Verwirklichung mutig zu arbeiten und zu kämpfen und sich selbst in den Tod zu opfern“: „es reicht nicht allein mit dem Bekenntnis des Mundes zum Herrn, was gefordert wird, ist die Tat“. Die Jesusgestalt, die Edenholm zeichnet ist auf die Ethik ausgerichtet, das Leiden am Kreuz ist eher der Tod eines Helden, als der des Versöhners. Im Großen und Ganzen erkennt man Jesus als ethische Idealgestalt der liberalen Theologie wieder: „So gehören Religion und Ethik zusammen, das Quietivder Religion[etwas, was Ruhe und Geborgenheit schenkt, A.G.] wird Motiv für das ethische Handeln und das Christentum wird frohe und freimütige Religion der Verantwortung und des inneren sittlichen Wachsens“. Die Glaubensanschauung, die Edenholm vertritt, ist wohl im Großen und Ganzen das liberale Christentum des Kulturprotestantismus. Aber in Edenholms heroisierender Evangelienrezeption ist das Männliche und Tapfere dazugekommen. Ich bringe das in einen anderen ideologischen Zusammenhang als den rein religiösen, wo die Betonung von Tapferkeit, Männlichkeit und Heldentum beheimatet ist, nämlich den der Kriegsrhetorik. Es ist nicht schwer in der theologischen Kriegsrhetorik, die man unter anderem bei Grundmann antrifft, Parallelen zu erkennen, wo der Heldenmut, die Schicksalsschwere, die Herausforderung, vor der man in den zeitigen vierziger Jahren politisch steht oder dem man während des Krieges in der deutschen Sonntagspresse begegnet. Vermutlich war die Hervorhebung Jesu als Bild des Männlichen, Tapferen im Gegensatz zum Weiblichen kein Zufall. In der Rhetorik des Führers der Deutschen Christen Joachim Hossenfelder kehren oft ähnliche Themen wieder: „Jesus Christus stand einsam ohne irgendeine äußere Unterstützung im Tumult seiner Zeit … er ist ein strahlendes Beispiel für heroischen Mut … christlicher Glaube ist eine männliche, heldenmutige Sache.“ Edenholms Redewendung „was gefordert wird, ist die Tat“ kann alltäglich klingen, aber in der Rhetorik des Dritten Reichs und in Kampfliedern begegnet man oft „der Tat“ als Code für entschlossenes politisches Handeln. Edenholms Rhetorik war wohl eine Verteidigung gegen Kritiker, die meinten, das Christentum stehe für Weichlichkeit, Demut, Weiblichkeit und Defätismus und um für das Christentum einzutreten, stellte man es als männlich und hart dar. Man benutzte häufig Adjektive wie männlich, mannhaft in Verbindung mit den Substantiven Kirche, Christentum, Glaube und stellt diesen die Eigenschaftswörter weichlich-weiblich entgegen. Mit den Wurzeln in der Rhetorik um und nach dem ersten Weltkrieg, wird der germanische Mann als tapfer, männlich, resolut und tatkräftig geschildert. In diesem Licht wird Edenholms Präsentation des germanischen Jesus Ausdruck einer Soldatenrhetorik, die es schon länger bei den Deutschen Christen gab. Der Krieg war ja eine aufdringliche Wirklichkeit, insbesondere im Zuge der neulich (zwei Monate zuvor, im Juni 1941) begonnenen Barbarossaoperation. Dass Edenholm auf diese Ideale aufmerksam macht, kann eventuell auch als Hinweis auf die Sache Finnlands verstanden werden, welche die Schweden vielleicht mehr als irgendein ähnliches Ereignis berührte; Finnland war vor kurzem vom Krieg erfasst worden. Deutschland wurde von vielen als Retter des Brudervolks vor den Bolschewiken aufgefasst. Von dieser Überlegung geht Edenholm dazu über seine Jesuskonstruktion in ‚germanischen‘ oder rassenmäßigen Begriffen und von der Überideologie her, die das Germanentumsdenken ausmacht, zu erklären. In diesem schließen Germanisch und Jüdisch einander aus. Dann verknüpft Edenholm seine Charakterstudie von einem Jesus mit germanischen Zügen mit einer rassenbiologischen Analyse. Die Charakterbeschreibung von Jesus erinnert unmittelbar an Heuslers Beschreibung des germanischen Gemüts, die oben erläutert wurde. Edenholm setzt nun fort und versucht zu ermitteln „inwiefern Jesus Jude, auch der Rasse nach, beziehungsweise rassenreiner Jude war“. In derartigem Denken gibt man zumeist zu, dass Jesus in einem jüdischen Umfeld samt der Synagoge aufgewachsen sei, aber zuerst will man zeigen, dass Jesu blutsmäßige Herkunft zumindest unsicher sei. Hier dient der Gedanke, er sei nicht reinrassig, dazu ihn aus dem jüdischen Umfeld heraus zu lösen, obwohl man normalerweise Mischrassen für nachteilig hielt. Im nächsten Schritt meint beispielsweise Grundmann, dass Jesu Lehre in einem solch grundlegenden Gegensatz zu jüdischem Denken stünde, dass er praktischnicht hätte Jude sein können. Edenholm zeigt sich vertraut mit der Literatur der Rassenforschung und baut auf diese neue deutsche Forschungstradition zu Jesu Arischkeit auf. Er bezieht sich in der Jesusfrage auf Chamberlains Die Grundlagen des 19. Jahrhunderts, Emanuel Hirschs Das Wesen des Christentums von 1939, wo sich ähnliche Gedanken wiederfinden, sowie auf Grundmanns Jesus der Galiläer und das Judentum von 1940. Edenholm meint, dass „man so viele Eigenschaften und Züge, wie die oben berührten [germanischen A.G.], unjüdischen bei der Jesusgestalt findet“, und jüdische Rabbiner [stod frågande????] zu Jesus, „seiner Person und Verkündigung, seinen hohen Ansprüche, seiner offenen, sorglosen Emanzipation und seiner Freimütigkeit, die für die jüdische Psyche fremd erscheinen musste“. Edenholm erwähnt, dass für den deutschen Nationalsozialismus die Frage mit der antisemitischen Einstellung zusammengekoppelt wurde, aber er versucht seinerseits sie rein sachlich zu betrachten. Es ist deutlich, dass Edenholm nicht mit dem Antisemitismus in Verbindung gebracht werden wollte, vielleicht weil jener solche konkreten Äußerungen hervorbrachte, die er nicht akzeptieren konnte. Es wirkt auch so, als ob man in der deutschen Propagandastrategie vermied, die Arierfragen in Schweden zu betonen. Nach Edenholm gibt es keine reinen Rassen. Er weist unter anderem auf den deutschen nationalsozialistischen Pionier der Rassenforschung Hans Günther (den so genannten Rasse-Günther) hin. Der nordische Rassenforscher Rolf Nordenstreng (1878-1964) wird auch genannt. In der Hauptsache jedoch knüpft seine Argumentation an Chamberlains, Hirschs und Grundmanns Untersuchungen über „das Galiläa der Heiden“ (Mt 4, 15) als Gebiet mit rassisch gemischter Bevölkerung an. 90 Prozent von diesen waren, so Hirsch, nichtjüdisch und das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Jesus kein Jude war. Des Weiteren sagt Edenholm, dass die Juden zu Jesu Zeit seine jüdische Herkunft in Frage stellten, als sie fragten, ob er nicht Samariter sei (Joh 8, 48). Die abweichende Aussprache des Aramäischen der Galiläer wird damit erklärt, dass sie keine echten Semiten wären. Außerdem seien sie anders als die Judäer gewesen: sie bevorzugten Ehre vor Geld – Edenholm verweist auf eine Talmudstelle (p. Keth. 4, 29b, 30) und knüpft dabei an ein verbreitetes Vorurteil, Juden seien gierig, an. Edenholm erwähnt die Unklarheiten über die Vaterschaft Jesu und in diesem Zusammenhang den Pantheramythos, der besagt, ein römischer Soldat hätte Jesu Vater sein können. Der Name Panthera sei nicht semitisch, außerdem verneine Jesus selbst, dass er Nachkomme Davids sei (Mt 22, 41-46); seine Geburt in Bethlehem sei spätere Gemeindedogmatik, erklärt Edenholm. Durch Panthera könnte Jesus griechisch-nordisches Blut abbekommen haben. Der wissenschaftlich geschulte Edenholm drückt sich vorsichtig aus, aus dem Ganzen geht jedoch hervor, dass Edenholm wahrscheinlich machen möchte, Jesus habe griechisch-nordisches Blut gehabt:
Die Möglichkeit, dass Jesus nicht reiner Jude war, scheint also aus geschichtlichen Gründen nicht ohne weiteres auszuschließen zu sein, und nimmt man Rücksicht darauf, dass besonders das nördliche Palästina seit langem sowohl arischen wie nicht-arischen Rasseneinflüssen ausgesetzt gewesen ist, mutet es nicht unmöglich an, dass selbst griechisch-nordisches Blut in seine Erbmasse einging.
Edenholm will die Möglichkeit eröffnen, dass Jesus nicht jüdisch gewesen sei und dass griechisch-nordisches Blut in seine Erbmasse einging. Die rassische Konstitution Jesu ist unentschieden, die Rassenfrage sei aber nicht nur ein scheinbares Problem, meint Edenholm. Wenn Jesus griechisch-nordischer Rasse wäre, würde es stimmen, dass er „durch seine Rasse dem Volk angehöre, welches das Christentum zu einem weltgeschichtlichen Einsatz geführt hat“. Die Frage ist nicht prinzipiell bedeutungslos, behauptet Edenholm, selbst wenn ein Mensch wegen seiner persönlichen Eigenschaften geachtet werden muss, unabhängig von Rasse, Herkunft, Reichtum oder sozialer Stellung. Edenholm meint jedoch, die neuere Rassenforschung zeige, dass Rasse und Psyche zusammengehören und weist dabei auf seine Untersuchung der germanischen Züge im Jesusbild der Evangelien hin. Germanisch sind Eigenschaften wie „Freiheitsgefühl, Freimütigkeit, Wahrheitsliebe und Offenheit, Furchtlosigkeit, Tapferkeit und Treue, Ritterlichkeit, Ehrgefühl und Großzügigkeit, Handlungskraft und Realitätssinn“ und diese müssen in einem Christentum zu Ehren kommen, welches kleinbürgerlich, weiblich und schwach, [insnörd= verwickelt??], ungefährlich und wohltemperiert, kirchlich und kyrkosam. Der wirkliche Jesus ist „gut und stark, mild und streng, schwach und tapfer“:
Wir müssten etwas von dem Christus der alten Germanen, dem Häuptling und Helden, zurück bekommen, als ob dazu gehören zu dürfen unser höchster Ruhm und in männlicher Treue und dem Kampf gegen alles, was seinem Reich entgegensteht, nicht zu enttäuschen, eine Ehre wäre.
Edenholm meint, dass „Jesu Lebensstil gemeinsame Züge mit dem germanisch-nordischen aufweist, den man mit den Worten heroisch-tragisch-sublim umreißen könnte“, und er fasst zusammen:
Die Norm für das Christliche soll beim Christentum selbst gesucht werden, bei dessen Quelle und Ursprung, bei dem wirklichen Jesus selbst und seinem Evangelium. Aber das Germanische solldas heroisch-männliche bei Jesus und seinem Evangelium [slå vakt om ???] und Christentum und Kirche davor bewahren zu einer wirklichkeitsfremden, [småskuren och oförarglig???] Idylle verwandelt zu werden.
Zusammenfassend zeichnet Edenholm in seinen Überlegungen zum Germanischen und Christlichen zwei gegensätzliche Bilder. Das Germanische skizziert er als männlich, heroisch und handlungskräftig; nahezu revolutionär insofern es dazu bereit ist, sich von Konventionen und Kleinbürgerlichkeit zu verabschieden. Im Gegensatz dazu steht das Nicht-Germanische, Passive, Jüdische, Sentimentale, ängstlich Schwache und Weibliche. Die Tugenden, die im Kampf wichtig sind, werden betont und Jesus wird als germanische Idealfigur gestaltet. Das Weibliche aber ist nicht an sich negativ; der tapfere Mann soll sich ritterlich [ta sig an kvinnan]. Edenholm distanziert sich an und für sich vom „Antisemitismus“ – bürgerliche Nationalsozialisten konnten sich so ausdrücken, wenn sie sich auf antisemitischen Straßenterror und ähnliches bezogen. Denn sachlich gesehen [vädrar??] er deutlich rassistische Auffassungen und seine „wissenschaftliche“ Rassenanalyse übervorteilt Germanen auf Kosten von Juden. Hier ist sein wichtigster Zug, die Identifikation mit Jesus: er ist im christlichen Ethos absolut zentral – ist er germanisch und nicht-jüdisch, so ist das von normativem Wert.
Gleichzeitig wird nicht zum Vorgehen gegen Juden aufgefordert. Aber nun, zwei Jahre nachdem der Kristallnacht auch in den schwedischen Medien Aufmerksamkeit geschenkt wurde, hatte jede Äußerung über Juden (und Judesein) besondere Bedeutung. Edenholms Ideologie wirkt legitimierend in einer immer mehr rassenorientierten schwedischen Gesellschaft, in der unter anderem die Rassengesetze bei der Heirat von Juden und Nicht-Juden angewandt wurden. Seit dem 5. Oktober 1938 wurden alle deutschen Reisepässe mit einem roten J gestempelt, und die schwedischen Behörden behandelten Arier und Juden in der Frage der Aufenthaltsgenehmigung gesondert; Juden wurden nicht mit politischen Flüchtlingen gleichgestellt, sondern ihnen wurde politisches Asyl verwehrt. Nach einer kurzzeitigen Liberalisierung in Konsequenz der Kristallnachtspogrome wurde 1939 eine strenge Einwanderungspolitik wieder aufgenommen. Vor dieser Folie muss man verstehen, wie die Worte, die Edenholm verwandte, geklungen haben mochten: „Jude“, „Rasse“, „Arier“ und „Germane“. Seine ideologisch geprägte Evangelienrezeption muss vor diesem zeitgeschichtlichen Hintergrund gesehen werden.Dasselbe gilt auch dem heroischen Männerbild, in dem der Held in der Vorstellungswelt der Zuhörer wohl dem tapferen Soldaten am nächsten war – der Krieg war unlängst den Grenzen Schwedens sehr nahe gerückt. Folgerichtig konnte niemandem weder die judenfeindliche Rassenpolitik noch Hitlers umfassende Kriegspläne, die sich nun bis Russland ausstreckten, verborgen sein. Vor diesem Hintergrund klingen die verhaltenen Töne in Edenholms ansonsten ziemlich idyllisch-landwirtschaftlicher Gestaltung der Jesusfigur umso stärker: Stärke, Tapferkeit, Germanentum, ein nicht-jüdischer Jesus steht für das, was für Tausende Bedrohung der Freiheit, des Leibes und des Lebens bedeutete. Der Zusammenhang in dem Edenholm seine Rede hielt, erstaunt auf den ersten Blick, da der Reformverbund in welchem Edenholm Sekretär und frühes Mitglied gewesen war, nach der Reform des schwedischen Christentums in ethisch-liberale Richtung trachtete. Das Milieu war indes nicht unbekannt für Deutschfreundlichkeit oder Sympathien mit den Nationalsozialisten. Der unumstrittene Leiter des Verbundes, bis zu seinem Tod Professor für Kirchengeschichte an der Universität Uppsala und leitender Kirchenmann, Emanuel Linderholm, ergriff öffentlich in einer Debatte des Kyrkomötet für die Deutschen Christen Partei. Seine Büchersammlung, die nun in der Bibliothek der Åbo Akademi verwahrt ist, umfasste zwischen 100 und 200 nationalsozialistischen Schriften. Linderholm war auch eine Schlüsselperson bei der Gründung von Manhem, dem neugotischen Verein für schwedische Kultur, dessen „Traditionen, Programm und Statuten“ Linderholm abfasste (laut seinen eigenen Angaben auf dem Manuskript) und welche in Stockholm am 17.09.1934 verabschiedet wurden. Darin gibt es Anknüpfungspunkte zur Blut- und Bodenideologie:
Es gibt eine aus dem Blut und der Erde organisch emporgewachsene nordische Pflanzung, welche für uns Schweden aus uraltem Bauerngeschlecht ihre unwillkürliche Berechtigung vor vielem, was an Orientalischem, Amerikanischem und Bolschewistischem in den Vordergrund geschoben wurde, besitzt.
Unmittelbar vor diesem Passus besagt das Dokument, dass es „an der Zeit für einen nationalen Sozialismus“ sei. Manhem wurde vom Sicherheitsdienst überwacht, da man die Gemeinschaft als Plattform nationalsozialistischer Umtriebe betrachtete. Es ist wert zu notieren, dass eine Synthese zwischen einer ethisch-liberalen theologischen Deutungsrichtung und germanischen Ideen nicht nur bei Edenholm vorkommt, sondern, dass es diese auch bei dem schon 1937 verstorbenen Linderholm gab, der Edenholms Lehrer und [förman=Wegbereiter/Vorgänger/ Vorreiter???] im Reformverbund war. Daraus lässt sich nicht schließen, dass man als Mitglied des Reformverbundes Nazisympathisant sein musste, aber in den Kreisen um Linderholm gab es offenbar einen Nährboden für unter anderem neugotische Gedanken und damit einen Anknüpfungspunkt für eine Ideologie des Germanentums. Die Analyse von Edenholms Artikel – und des oben untersuchten deutschen Vortrages – ergeben, dass es für eine der Hauptpersonen der Reformtheologie durchaus möglich war, eine Ideologie des Germanentums mit Akzent auf einer nordisch-germanischen Rassenessenz in einem schwedischen reformtheologischen Text vorzustellen. Der lebhafte theologische Austausch zwischen rassenideologisch orientierten deutschen und schwedischen Theologen ist offensichtlich und Ergebnis ist in diesem Fall ein Jesusbild, welches Germanisches und Reformtheologisches in sich vereint. Der Text ist nicht programmatisch antisemitisch, aber Edenholm scheint in der „Judenfrage“ die nicht ungewöhnliche Strömung zu repräsentieren, die sich mit der Rassenanalyse befasste und eine strukturell rassistische Betrachtungsweise gegenüber Juden und dem Judentum vertrat, sich gleichwohl jedenfalls in dieser Debatte gegen gewaltsame „antisemitische“ Äußerungen wandte. Eine ähnliche Haltung zum Antisemitismus der Straße findet sich bei dem offen rassistischen Gerhard Kittel wieder.
Schlußfolgerung: ein germanischer Einbruch in der schwedischen Theologie
Einige zusammenfassende Beobachtungen: Die Ideologie des Germanentums, die seit Jahrzehnten die deutsche Wissenschaftslandschaft geprägt hatte, fand in Eisenach vielleicht ihre wichtigste theologische Plattform und ein schwedisches Pendant in Forschern und Forschung, die zusammen mit deutschen Kollegen nordisch-germanische Ideologie kultivierten. Gerade die Tatsache, dass die Deutschen Deutsche und die Schweden Schweden sind – und alle Germanen – gehörte zur Begründung der Zusammenarbeit. Man sollte die viele Jahrhunderte währenden kulturellen und religiösen Verbindungen zwischen Schweden und Deutschland nicht unterschätzen, das Letztere war in vielerlei Hinsicht eine kulturelle Mutternation für Schweden und Finnland. Die Rassenideologie, sowohl „positiv“, insofern man die germanische Einheit und deren Charakteristika betonte, als auch negativ, dieweil man eine Diskontinuität zwischen Jesus und den Juden zeigen wollte, war übergeordnete Ideologie. Hier drang die rassistische Überideologie des Neuen Deutschlands sowohl in die Auslegung des Christentums, als auch in die wissenschaftliche Analyse ein. Der Trend, dass das Germanisch-Nordische stetig wichtiger wurde, zeigt sich darin, dass Untersuchungen zum Germanentum und mit dem Gedanken einer germanischen Rassenessenz als bindende Kraft das Programm der nordisch-deutschen Tagung 1942 füllen.
Das rassenideologische Forschungsmilieu lockt auch Perspektiven hervor, die man sonst vielleicht zurück gehalten hätte; ein Beispiel ist der Unterschied zwischen Odebergs Analyse von Jüdischem und Hellenistischem in der Germanentumversion und in anderen Zusammenhängen. Odeberg wirkt überhaupt in seiner rassistischen Deutung hier bei Weitem freimütiger als in irgendeinem Text, der von ihm in Schweden veröffentlicht worden ist. Dasselbe gilt auch für Edenholms Beschreibung des Germanischen in der schwedischen Volkskultur. In den deutschen Kontexten geht er weiter in eine synkretistische Richtung als in seinem schwedischen Beitrag. Gleichzeitig repräsentieren Edenholm und Odeberg, den Beiträgen nach zu urteilen, zwei Richtungen im Blick auf das Germanentum. Odeberg zeigt keine Tendenz zum Brückenbau zwischen Heidnischem und Christlichem, was Edenholm hingegen tut. Hier wirkt sicher Odebergs konservativere Theologie zurückhaltender. Edenholm sagt Dinge, die Odeberg vermutlich niemals hätte annehmen können, obgleich seine rassistische Judentumskritik weiter reicht, als jene Edenholms – dabei muss man allerdings berücksichtigen, dass Edenholm seinen Vortrag in Schweden hielt, wo man mit antisemitischen Äußerungen generell vorsichtiger war.
Die Untersuchung der schwedisch-deutschen Zusammenarbeit zeigt, wie die Jenaer Professoren Walter Grundmann und Wolf Meyer-Erlach unmittelbar die theologische Entwicklung in Schweden beeinflussten, Meyer-Erlach als Unternehmer und Grundmann als Forschungsleiter, Ideologe und Theologe. Durch die Zusammenarbeit drangen die Ideologie des Germanentums, die rassistischen Erfahrungen und der germanische Jesus weit in schwedische akademische und kirchliche Kreise vor. Dass die Behörden die Zusammenarbeit stärkten, hat sicher auch politische Ursachen, als Schweden zwischen England und Deutschland stand, und Deutschland, besonders [när det drog i österled??], alle Unterstützung bekam, die es bekommen konnte. Für die Analyse der schwedischen Theologie im Verhältnis zur Rassenideologie des Dritten Reiches ist Edenholms schwedischer Beitrag interessant, da er vermutlich den verwegensten Versuch zur Theologie des Germanentums in Schweden ausmacht. Edenholms Beschreibung des tapferen, männlichen Jesus als Modell für den germanisch-nordischen für den heldenmutigen Einsatz bereiten Mann – mit großer Wahrscheinlichkeit während des alles überschattenden Krieges – erinnert außerdem stark an die Rhetorik der Deutschen Christen. Diese Untersuchung wandelt auch den Eindruck ab, dass es nur lutherische Rechtsextreme waren, die schwedischen und deutschen Nationalismus und Antisemitismus in ihr theologisches Ganzheitsbild einverleibten. Edenholms Synthese hatte ganz andere Vorzeichen: liberal-ethisches Reformchristentum. Meine Schlussfolgerung ist, dass der Blick auf den Nationalsozialismus oder auf die Juden auch in Schweden keinen konfessionellen Trennungslinien folgte. Wie in der deutschen Exegetik während des Dritten Reiches herrschte eine dunkle und unheilige Ökumene zwischen den am meisten entgegengesetzten Gruppen, eine Allianz gegen die Juden und für das Nordische. Dazu kann das Bild eines Jesus als Träger einer germanisch-nordisch-arischen Rassenessenz beigetragen haben.
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